Frankenstein in Bagdad by Ahmed Saadawi

Frankenstein in Bagdad by Ahmed Saadawi

Autor:Ahmed Saadawi
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Assoziation A
veröffentlicht: 2019-11-15T00:00:00+00:00


4.

Ich tötete auch den venezolanischen Söldneroffizier, Chef der Sicherheitsfirma, die Selbstmordattentäter rekrutierte, die schon viele Opfer unter den Zivilisten verursacht haben, einschließlich des Wächters beim al-Sadeer-Novotel, Hassib Muhammad Dschaafar. Auch am al-Qaida-Führer in Abu Ghraib nahm ich Rache, der für die Detonation der schrecklichen Autobombe am Tajaran-Platz verantwortlich war, der zahlreiche Personen zum Opfer fielen, so auch der ursprüngliche Eigentümer der Nase, die Hadi auf dem Gehsteig auflas und mir ins Gesicht pflanzte. Das Ganze nahm mehrere Wochen in Anspruch: Alles musste vorbereitet, die Personen ausfindig gemacht und feindliche Gruppen infiltriert werden. Letzteres war zeitraubend, aber mit einem starken Argument lässt sich das Vertrauen einer Gruppe gewinnen, die der Zielperson feindlich gesonnen ist.

Die Liste der von mir ins Visier genommenen Personen wurde mit jedem neuen Teil eines Opfers, das man meinem Körper hinzufügte, länger. Wenn alte Teile abfielen, wurden sie von meinen Mitarbeitern durch neue ersetzt. Und eines Nachts wurde mir klar, dass ich mit diesem Arbeitsmodell die Liste niemals abarbeiten könnte.

Die Zeit arbeitete gegen mich. Sie reichte nicht, meine Mission zu erfüllen. Ich hoffte, das Töten auf den Straßen würde aufhören, der Vorrat an Opfern würde abreißen und ich könnte meinerseits dahinschmelzen.

Doch das Morden schien gerade erst begonnen zu haben. Diesen Eindruck gewann man jedenfalls von den Balkonen des Gebäudes aus, in dem ich wohnte, von wo aus man die Leichen wie Abfall verstreut in den Gassen herumliegen sah.

Mit zunehmendem Morden erweiterte sich auch die Palette unserer Vorgehensweisen. Die drei Verrückten schleppten von da und dort leichte und mittelschwere Waffen heran und richteten auf dem Dach eine Stellung mit Kalaschnikow-MGs ein, die in alle vier Himmelsrichtungen wirkte. Sie versperrten den Eingang zum Gebäude mit Trümmerstücken, Zementblöcken und Säcken voller Erde. Woher sie das alles hatten, ist mir nicht klar. Einige Tage lang schufteten sie unermüdlich. Ich beobachtete, dass sie von zahlreichen jungen Burschen unterstützt wurden. Über Nacht war das Gebäude zu einer richtigen Kaserne geworden. Neben verschiedenartigen Waffen gab es jetzt auch freiwillige Helfer für den Schutz dieser Miniaturgarnison.

Jeder meiner drei Verrückten verbreitete bei seiner Anhängerschar seine je eigne Vorstellung von mir. Sie scharten Jünger um sich. Leute die, tief enttäuscht von dem, was sie um sich herum beobachteten, nach einem Ausweg suchten.

Der kleine Verrückte besetzte den ersten Stock mit Gefolgsleuten aus verschiedenen Gegenden der Hauptstadt. Sie teilten seine Ansicht, dass es sich bei mir um den irakischen Staatsbürger Nummer eins handelte. Erst später fand ich heraus, dass er ihnen Nummern statt Namen gab: Er selbst war Nummer zwei, die anderen folgten von Nummer drei an aufwärts in offener Folge, Tag für Tag mehr.

Der ältere Verrückte bezog mit seinen Jüngern einige Wohnungen im zweiten Stock. Seine Anhänger folgten ihm auch in seiner Überzeugung, dass ich ein schwarzes Loch oder der Große Asraēl sei, der Todesengel, gekommen, um unter dem Schutz göttlichen Segens diese ganze Welt zu verschlingen.

Der älteste Verrückte schließlich nahm sich die beiden verbleibenden Wohnungen im zweiten Stock. Er trichterte seinen Anhängern, die weniger zahlreich waren als die anderen beiden Gruppen, sein eigenes Heiliges Buch ein, in dem



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